Gespräch mit Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto über ihren nicht immer ganz einfachen Job und das Naherholungsgebiet Schlachtensee und Krumme lanke.

So funktioniert die Berliner Bezirksverwaltung: Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wählt den Bezirksbürgermeister und 4 Stadträte. Vorgeschlagen werden die Kandidaten von den verschiedenen Fraktionen proportional zum bezirklichen Wahlergebnis. In Steglitz-Zehlendorf haben wir den Bezirksbürgermeister und 2 StadträtInnen von der CDU, sowie jeweils eine/n von SPD und Grünen. Christa Markl-Vieto ist auf Vorschlag der grünen BVV-Fraktion seit 2011 Bezirks-Stadträtin für Jugend, Gesundheit, Umwelt und Tiefbau. Die Chefredakteurin des Südwest-Stachels, Franziska Beyer, sprach mit ihr.

Christa, du bist eine von vier StadträtInnen des Bezirks Steglitz-Zehlendorf. Stadträtin – was heißt das eigentlich?

Das heißt, dass ich die Verwaltungsleitung für die Bereiche innehabe, die mir als Stadträtin zugeordnet sind. Hier kann ich auch politische Schwerpunkte im Rahmen der Beschlüsse des Bezirks vorgeben.

Du leitest die Abteilungen Jugend, Gesundheit, Umwelt und Tiefbau. Welche konkreten Angelegenheiten fallen damit in dein Aufgabengebiet?

Als Jugend-Stadträtin bin ich zuständig für alles, was mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat. Besonders für die Jugendhilfe, den Kinderschutz, Jugendfreizeiteinrichtungen.

Unter Gesundheit fällt das bezirkliche Gesundheitswesen, z.B. auch Impfen, außerdem der Jugendgesundheitsdienst und der Bereich Psychosoziales. Als Stadträtin für Umwelt kümmere ich mich um den Naturschutz und den Baumschutz im Bezirk, in den Bereich Tiefbau fallen zum Beispiel Spielplätze, Friedhöfe, Schulhöfe.

Wie sieht dein Arbeitsalltag als Stadträtin aus?

Viel Schreibtisch, viele Bürgerinnen und Bürger, die Wünsche und Beschwerden haben, zum Teil sich widersprechende: Baum weg – Baum her, mehr Feste im öffentlichen Raum – mehr Ruhe im öffentlichen Raum, mehr Spielplätze im Wohngebiet – weniger Spielplatzlärm im Wohngebiet…usw.

Was reizt dich an deiner Arbeit am meisten?

Etwas zum positiven zu verändern oder auch etwas bestehendes gutes zu erhalten, und beides möglichst so zu gestalten, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger gut vertreten fühlen.

Ich versuche jeden Tag, den Widerspruch hinzubekommen, dass wir die Beteiligten beteiligen, aber trotzdem dabei bleiben, dass die gewählten Bürgerinnen und Bürger im Parlament einen Auftrag der Gesellschaft haben, zu beraten und zu gestalten. Außerdem sehe ich es als meine Aufgabe, die kurzfristigen politischen Querelen aus dem Alltag der Verwaltung fernzuhalten, um sinnvolle und effektive Arbeit zu ermöglichen.

Welche Gestaltungsmöglichkeiten hast du als Stadträtin?

Lange nicht so viele wie ich mir wünschen würde! Vieles muss mit der Verwaltung abgestimmt werden. Und die ist sehr wenig flexibel und auch sehr mächtig innerhalb eines Rathauses, aber sie ist auch ein stabilisierender Faktor, den ich sehr schätze.

Mir geht es darum, so viel Flexibilität wie möglich und so viel Stabilität und Rechtssicherheit wie nötig miteinander auszuhandeln. Aber das ist lange Jahre nicht passiert und auch die Verwaltung ist in Teilen etwas gefrustet. Vor allem von den vielen PolitikerInnen, die immer mal für ein paar Jahre kommen und alles ändern möchten, um sich zu profilieren. Das gilt es zu vermeiden, zum Wohle der gemeinsamen Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger. Eine echte Herausforderung.

Warum hast du dich für das Amt der Stadträtin entschieden?

Weil ich schon sehr lange in der Bezirkspolitik bin und nun auch etwas gestalten will.

Und weil mir die Arbeit mit den Fachämtern sehr viele Möglichkeiten gibt, politisch etwas im Sinne der BürgerInnen zu bewegen.

In welcher Beziehung stehst du als Stadträtin zur Grünen BVV-Fraktion?

Es sind verschiedene Rollen: Die Fraktion, beobachtet, regt an, kontrolliert und macht Vorschläge, die auch mal visionär sind. Die Stadträtin verwaltet, ist immer auf dem Boden der Realität und bedenkt ihre Finanzierungsspielräume. Als Stadträtin habe ich einen riesigen Verwaltungsapparat hinter mir, der im Prinzip auch alleine klar käme, aber die Übersetzung der Anforderungen durch außen von der Politik annehmen muss.

Ich vermittle zwischen den Vorstellungen der Fraktion und dem Verwaltungsapparat. In einer konstruktiven Auseinandersetzung ringen wir um die besten Lösungen. Es ist nicht immer einfach, aber immer konstruktiv und am Ende immer lösungsorientiert, auch wenn das mal eine Woche oder zwei dauert, bis wir alle wieder merken, dass wir gegeneinander nicht zu Erfolgen für unsere Auftraggeber – die Bürgerinnen und Bürger – kommen.

Die knapp 500 Mitglieder der Grünen in Steglitz-Zehlendorf sind im Kreisverband organisiert. Wie gestaltest du den Kontakt zur grünen Basis im Bezirk?

Ich gehe regelmäßig zu den Sitzungen des EVO, das ist der erweiterte Vorstand des grünen Kreisverbandes. Ich bringe dort meine Sichten ein und nehme die des Vorstandes mit.

In Berlin leiten die StadträtInnen ihre Ressorts in eigener Verantwortung. Der Bezirksbürgermeister soll nur als „primus inter pares“ fungieren. Bei Meinungsverschiedenheiten zählt seine Stimme doppelt. Wie läuft die praktische Zusammenarbeit mit Bezirksbürgermeister Norbert Kopp?

Ich arbeite mit ihm im Rahmen des Kollegialorgans „Bezirksamt“ gut zusammen. Dazu sitzen wir jeden Dienstag einige Stunden mit allen StadträtInnen in einer BA Sitzung. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber wir einigen uns meistens.

Was war dein größter Erfolg, seit du 2011 Stadträtin wurdest?

Besonders freue ich mich über die Erfolge in folgenden vier Projekten:

  • 2/3 des Gebiets in Lichterfelde Süd für den Naturschutz zu retten

  • Die Jugendarbeit im Bezirk bis 2016 neu aufzustellen

  • Internationales als Schwerpunkt in der Jugendarbeit aufzustellen

  • Radwege zu einem Schwerpunkt zu machen

Was sind deine Ziele für 2015?

Es sind viele, durch die vielen Resorts. Aber am wichtgsten sind mir diese beiden:

Erstens, eine Lösung zu finden für die Erhaltung all unserer Liegenschaften. Zweitens: Den Prozess der Neuaufstellung der Jugendarbeit mit allen Beteiligten zusammen zu gestalten.

Thema Schlachtensee:

Wie stellt sich die Situation aus deiner Sicht da?

Es gibt am Schlachtensee zu viele Konflikte zwischen Erholungsuchenden und SpaziergängerInnen mit Hund. Die Auseinandersetzungen verlaufen nicht immer fair, weil Menschen, die z.B. kleine Kinder oder Angst vor Hunden haben, sich nicht so gut wehren können, wenn so ein großes Tier ihnen gegenüber steht. Außerdem ist der Ton rau. Und die Bereitschaft, sich auf Bitten einzulassen, ist bei den HundespaziergängerInnen nicht sehr groß. Der See muss wieder mehr den Familien und den Badenden zur Verfügung stehen. Deshalb möchten wir den Hundeauslauf von unten am Wasser in die oberen Bereiche des Seeufers verlagern.

Was hast du für Spielräume?

Gemeinsam mit der Senatsverwaltung, die für die Waldseite zuständig ist, eine Lösung zu finden, mit der alle leben können.

Welche Resonanz kam durch die Bevölkerung?

Absolut geteilt. Es gibt euphorische, bejahende und auch rührende Briefe, in denen sich BürgerInnen bei mir bedanken und mich zum Durchhalten ermuntern. Es gibt aber auch Briefschreiber, die sich beschweren, mich beschimpfen und Klagen androhen, weil sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind.

Wie reagierst du auf den Vorwurf eine „Hundefeindin“ zu sein?

Gar nicht, weil absurd.

Du selbst bist Hundebesitzerin – was sagt die Privatperson Christa dazu?

Ich finde es auch schade, dass ich mit Emma nicht mehr um den See laufen kann, vor allem, weil Emma Wasser sehr liebt. Aber noch wichtiger ist ihr, dass sie frei laufen kann, und das ist ja oben herum weiter möglich.

Was für einen Hund hast du?

Emma, schwarz-grau, eine Mischlingshündin. Vater: Riesenschnauzer mit Wolfshundanteil, Mutter: Jagdhündin.

Wie wird das Mitführungsverbot am Ufer durchgesetzt?

Durch Kontrollen und dadurch, dass hoffentlich viele an den See kommen um zu baden und sich zu erholen. Die Besucherinnen und Besucher sollten ihre Rechte auf hundefreie Erholung dann auch in aller Freundlichkeit, aber klar und engagiert deutlich machen.

Bei der Durchsetzung müssen Forsten, Ordnungsamt, Grünflächen und Polizei, aber vor allem die Besucherinnen und Besucher des Sees mitspielen.

Liebe Christa Markl-Vieto, ich bedanke mich für das Gespräch!

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