Als wir Grüne im Oktober letzten Jahres den Antrag zu einem Runden Tisch zur Lösung der Situation am Osteweg 53 und 63 initiiert hatten, haben nur wenige geglaubt, dass dieser Runde Tisch überhaupt etwas in dem festgefahrenen Konflikt zwischen Senat und Bezirk hierzu bewegen würde. Dementsprechend war die Anspannung bei der ersten Sitzung des Runden Tisches im letzten Dezember groß. Der alte BVV-Saal war voll und an einem Tisch saßen nun die Bürgermeisterin, Vertreter*innen des Bezirksamts, des Bezirklichen Elternausschusses, der BVV-Fraktionen sowie der Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und für Bildung, des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten, ebenso Abgeordnete aus den Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen, der CDU, der FDP und der Linke sowie die Sprecher des Willkommensbündnisses Steglitz-Zehlendorf und der Bürgerinitiative Schul- und Sportstandort Osteweg. RBB berichtete.

Die bisherigen bilateralen Gespräche zwischen den zuständigen Senatsverwaltungen und dem Bezirksamt waren wenig konstruktiv und auch an dieser Sitzung nahmen die eingeladenen Senator*innen und Staatsekräter*innen nicht teil. Damit sollte klar gemacht werden, dass der Senat den Runden Tisch nur zur Übermittlung seines Vorhabens nutzen und in keinerlei weiteren Verhandlungen antreten möchte. Er hatte Anfang Oktober mit dem Bau einer Unterkunft für ca. 211 geflüchtete Menschen am Osteweg 63 Typ MUF 2.0 begonnen. Das Bezirksamt und eine große Mehrheit in der BVV – auch wir – hatten sich für die Errichtung eines Schul-und Sportstandortes auf den beiden zusammenhängenden Grundstücken 53 und 63 ausgesprochen, an dem die zwei weit voneinander entfernten Standorte der Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule zusammengeführt werden können. Damit könnten die einzelnen Standorte für zwei weiteren Schulen und/oder als Drehscheiben für die seit dieser Legislatur groß angelaufene Schulsanierung in unserem Bezirk gut gebraucht werden. Bereits 2006 wurden die Teilflächen vom Berliner Senat „zur Errichtung eines Neubaus (Ersatzbau) der Kopernikus-Oberschule im Bezirk Steglitz-Zehlendorf“ angekauft, s. http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/15/DruckSachen/d15-4903.pdf . Trotz konkreten Planungsphasen und einem Architektenwettbewerb im Jahr 2008 wurde dort aus finanziellen Gründen nichts weiter unternommen.

Obwohl das Bezirksamt Alternativstandorte für die Errichtung der Unterkunft vorgeschlagen hatte und diese aus verschiedenen Gründen u.a. Unwirtschaftlichkeit im Falle des von uns stark präferierten Standortes am Hohentwielsteig seitens des Senats abgelehnt wurden, bahnte sich auf Landesebene ein Verdacht an, der schwarz-grüne Bezirk-Steglitz-Zehlendorf wolle keine Geflüchtete unterbringen und täusche Schulplatzbedarf vor. Bei Plenar- und Ausschusssitzungen im Abgeordnetenhaus machte immer wieder dieser Spin die Runde, in mehreren BVV-Sitzungen wurde auch im Bezirk hitzig diskutiert. Jedoch Schulkinder gegen Geflüchtete auszuspielen und daraus einen anhaltenden politischen Vorwurf zu konstruieren, war für die „Opposition“ doch zu starker Tobak: Sie stellte selbst Anträge in Richtung Schulstandort und bezichtigte das Bezirksamt, nicht genug für die Aufnahme der Planungen zu tun.

Ebenso hitzig, teilweise stark polemisch und erneut mit Schuldzuweisungen gespickt, verlief auch die erste Sitzung des Runden Tisches. Und dennoch ist es uns mit der tatkräftigen Unterstützung der Grünen Abgeordneten Bettina Jarasch gelungen, den Hoffnungsschimmer einer Kompromisslösung bei dieser angespannten Atmosphäre zu setzen und diese letztendlich durchzusetzen. Wir bedanken uns herzlich bei Bettina, die hartnäckig und konstruktiv bei den Senatsverwaltungen für diese Kompromisslösung gekämpft hat, sowie bei den anderen Grünen Abgeordneten, die sie dabei unterstützt haben.

Bei der gestrigen 2. Runde wurde eine Machbarkeitsstudie durch die Senatsverwaltung für Stadtplanung und Wohnen vorgestellt, die sowohl die Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft als auch die Errichtung eines Schulcampus mit Schulgebäude, multifunktionaler Sporthalle, Sportplatz und Schulgarten als realisierbar zeigt. Und das sieht auch stadtplanerisch sehr gut aus. So wird nicht einfach eine Unterkunft für geflüchtete Menschen auf einem seit Jahren brachliegenden Gelände hingestellt, sondern in ein neu zu entstehendes Quartier mit Schule, Sport und Grünflächen einbezogen. Fast alle Anwesenden waren sichtlich von dieser Machbarkeit erleichtert und haben sich positiv geäußert. Nun wird das Bezirksamt auf den Senat für die weiteren Schritte der Planung des Geländes im Sinne dieser Kompromisslösung zugehen. Der Bau der Unterkunft wird fortgesetzt.

Susanne Mertens als schulpolitische Sprecherin und ich als integrationspolitische Sprecherin haben auf die Kraft des Runden Tisches gesetzt – ein Format des Zusammenkommens, das wieder einmal gezeigt hat, dass es oft wo ein politischer Wille ist, es auch einen politischen Konsens gibt, das sogar sehr oft viel mehr ergibt als erwartet. Wir möchten uns auch bei Dirk Jordan für seine Unterstützung dieses Anliegens und für die Zusammenstellung von Informationen bedanken. Und natürlich bei unserer Fraktion!

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