Nach Wochen der Geheimhaltung seitens des Sozialsenats wurden die Bezirksämter Anfang letzter Woche über die Standorte der provisorischen Unterkünfte, sog. „Container-Dörfer“ informiert. Viele von uns Bezirkspolitikern haben es aus der Presse erfahren, ähnlich wie die Anwohner*innen in der Nähe der neuen Standorte. Diese Vorgehensweise spricht wenig für jene, sowohl vom Senat als auch von den Bezirksämtern laut geforderte Verbesserung der Kommunikation und der Abstimmung bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Als Hauptgrund für die Aufstellung von Containern nannte der Sozialsenator Mario Czaja (CDU) die wachsenden Zahlen der Menschen auf der Flucht, die nach Berlin kommen, im Vergleich zu den wenigen Unterkunftsmöglichkeiten, die in der Stadt vorhanden sind.

Gerade eine Abstimmung mit den Bezirksämtern hätte aber dafür gesorgt, die eigenen Anforderungen des Sozialsenators – keine Verdichtung von Unterkünften und bessere infrastrukturelle Bedingungen – optimaler zu lösen, als es jetzt der Fall ist. Gewiss, es ist von oberster Priorität, dass die Menschen auf der Flucht an einem sicheren Ort untergebracht sind, jedoch bilden das Zusammenleben sowie die Aufnahme durch die Bevölkerung wichtige Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines normalen Lebens. Seit Jahren fordern Bündnis 90/ Die Grünen vom Senat ein nachhaltiges Konzept mit einer ausgewogenen Verteilung und Unterbringung in Wohnungen und kleinen Gemeinschaftsunterkünften. Die derzeitige Aufstellung von Containern deutet auf das systematische Versäumnis hin, bei der Unterbringung von Menschen auf der Flucht voraus zu planen und zu handeln.

Irritierend ist das Argument für die Geheimhaltung der Standorte, die Bürger*innen vor Ort nicht zu erschrecken und Vorbehalte gegen die Aufstellung der provisorischen Unterkünfte zu erwecken. Unsere Erfahrung in Steglitz-Zehlendorf bis jetzt zeigt, dass gerade die rechtzeitige Information und Aufklärung über die Notwendigkeit von Unterkünften zu einer sehr breiten, positiven Resonanz geführt hat, in der Ängste aufgehoben werden und Vorurteile verhallen. Bei der konstituierenden Sitzung des Willkommensbündnisses gab es seitens vieler Bürger*innen geradezu Kritik, warum Steglitz-Zehlendorf nicht mehr Menschen auf der Flucht aufnimmt. Bei einer berlinweiten Umfrage der RBB sprechen sich 24 % der Befragten für die „Unterbringung der Flüchtlinge“ als eine der vier wichtigsten Aufgaben für den neuen Bürgermeister.

In Anbetracht der Lebensnot von so vielen Menschen und der geringen Unterkunftszahlen bei uns im Bezirk freuen wir uns Grüne ausdrücklich über die Errichtung von weiteren 640 Plätzen. Wir betonen allerdings, dass die Aufstellung von Containern eine provisorische Maßnahme ist und die Notwenigkeit von einem gesamtstädtischen Konzept und nachhaltige Nutzung nicht obsolet macht.

Das Grundstück am Ostpreußendamm 108 ist eine bezirkliche Liegenschaft, die bereits Anfang des Jahres dem Landesamt für Gesundheit und Soziales angeboten wurde. Dort wird eine Unterkunft von 300 Plätzen für besonders traumatisierte und kranke Menschen errichtet. Das Grundstück am Osteweg 53 ist eine landeseigene Fläche; dort entstehen Plätze für 340 Menschen. Baugenehmigungs- und Bauverfahren liegen ausschließlich bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung; beide Unterkünfte werden voraussichtlich im März eröffnet.

Mit der Containeraufstellung deutet sich lediglich eine positive Ausrichtung in der Unterbringungspolitik des Senats an – als Eigentümer der Unterkünfte behält er deren Verwaltung in der Hand und kann auf die Dienstleistung von freigemeinnützigen Organisationen als Betreiber zurückgreifen. Die bisherige Erfahrung mit privaten Betreibern hat gezeigt, dass nicht immer die Standards eingehalten wurden und nicht die vorgesehenen Mitarbeiter*innen in den Unterkünften angestellt wurden. Die Unterkünfte in Steglitz-Zehlendorf werden von dem Diakonieverein Zehlendorf e.V. und dem Malteser Hilfsdienst e.V. betrieben.

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