Ohne Menschlichkeit bleibt es kalt
Am Dienstag, den 11.07.24 trafen sich die AG Soziales, Familie und Gesundheit sowie weitere Interessierte zu einer ganz besonderen Stadtführung mit Thomas. Thomas ist bei dem Verein querstadtein aktiv und zeigt uns im Rahmen dieser Führung, einen ganz anderen Blick auf die Stadt.
Eine andere Perspektive auf die Stadt
Wir treffen uns am Stuttgarter Platz und werden gleich zu Beginn mit den Zahlen konfrontiert. In Berlin gibt es schätzungsweise 50.000 Wohnungslose und 20.000 Obdachlose. Mehr als die Hälfte der Wohnungskündigungen (53%) geschieht aus Eigenbedarf, wie wir später erfahren.
Dann gehen wir zusammen bis zum Lietzensee. Währenddessen halten wir an einigen Ecken, an Hand derer Thomas von seiner eigenen Zeit auf der Straße berichtet. Wir erfahren, wie es dazu gekommen ist und wie er das Leben auf der Straße bestritten hat. Die Geschichten berühren und spiegeln auf eindrückliche Weise den Titel seiner Führung wider: „Ohne Menschlichkeit bleibt es kalt“. Dabei wurde ganz klar, dass in einer persönlichen Notsituation, die Bürokratie nicht unbedingt leicht zugänglich ist, um die einem zustehende Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Nur durch Beharrlichkeit und die Hilfe einiger Menschen konnte Thomas aus der Obdachlosigkeit aussteigen.
Was hätte seine Situation verbessert, bzw. welche Hilfestrukturen braucht es kurz, mittel und langfristig?
Die Ideallösung für die Bekämpfung von Obdachlosigkeit ist der Ansatz von Housing first. Wenn Betroffene gleich in eine Wohnung untergebracht werden, können Sie von dort aus, in einer sicheren Umgebung, zusammen mit Expert*innen ihre Probleme angehen und wieder in die Erwerbstätigkeit finden. Dazu bräuchte es natürlich Wohnraum.
Akute Lösungen, um die Situation von Obdachlosen zu verbessern, wären ein Ausbau des Kälte- und Hitzebusses, da der, von hauptsächlich Ehrenamtlichen, getragene Verein, zu wenig Kapazitäten hat. Auch die Vernetzung auf Verwaltungsebene, um bezirksübergreifend die sinnvollste und schnellste Lösung für Betroffene zu finden, sollte verbessert werden. Aber auch die Situation, Sicherheit und Hygiene in den Unterkünften für Obdachlose ist verbesserungswürdig.
Diese Stadtführung war mehr als nur ein Rundgang – sie lehrt Empathie und Verständnis. Sie zeigte uns, wie wichtig es ist, die Menschen hinter den Zahlen zu sehen und die Komplexität der Obdachlosigkeit zu begreifen.
Kerstin Christalle & Paul Peters
Sprecher*innen der AG Familie, Soziales und Gesundheit