Sparen am falschen Ende

Bausenator Christian Gaebler (SPD) hat angekündigt, dass der Senat ausgerechnet bei der Berliner Schulbauoffensive  (BSO) sparen soll. Diese Neuigkeiten bedeuten nachhaltige Belastungen für Schüler*innen und Lehrer*innen – auch in unserem  Bezirk.  

Tatsächlich müsste das Gegenteil der Fall sein. Nachdem seit vielen Jahren feststeht, dass die Berliner Schulen in sehr marodem Zustand sind, wir zugleich eine deutliche Zunahme an Schülerinnen und Schülern im Land haben und dadurch zahlreiche Schulen neu gebaut werden müssen, ist allen klar, dass wir sehr viel Geld in die Hand nehmen müssen. Selbst die ursprünglich vom ehemaligen Senator Kollatz angesetzten 5,5 Mrd € waren schon sehr bald nicht haltbar.

Das verrostete Fenster einer Schule

Bisher wurden Modulare Ergänzungsbauten schwerpunktmäßig im Ostteil der Stadt errichtet, die weitgehend dem Konzept der Flurschulen entsprechen und vergleichsweise günstig sind. Dass diese nötig sind und wir weitere Tausende an Schulplätzen benötigen, steht außer Frage. 

Die Argumentation des Senators, die Kostensteigerung liege in dem neuen Konzept der Lern- und Teamhäuser, die mehr Fläche pro Schülerin beinhalten, widerspricht jeder Grundlage. Dass wir grundsätzlich in dieser Fläche die Inklusion und auch den Ganztag mit abbilden müssen und dieses auch wollen, scheint dem Bausenator nicht bewusst zu sein. 

Auch wenn der Senator lediglich von Neubauten spricht: Die Schulbauoffensive umfasst auch Sanierungen. Und gerade in Steglitz-Zehlendorf sind diese bitter nötig – dass der Bezirk bei der Sichtung 2016 den berlinweit höchsten Sanierungsstau hatte, ist nur die Spitze des Eisbergs. Ganz Berlin hat sanierungsbedürftige Schulen, wie der Adventskalender „Einstürzende Schulbauten“  des BEA Steglitz-Zehlendorf bis 2016 eindrücklich aufzeigte. Die Anna-Lindh-Grundschule aus Mitte ist ein trauriges Beispiel für die Einsparungen und halbherzigen Teilsanierungen der vergangenen Jahrzehnte. Damit nicht mehr Schulen dieses Schicksal erleiden, brauchen wir eine intelligente Lösung. Natürlich kosten die Sanierungen mehr Geld als ursprünglich nach der „Sichtdiagnose“ aus 2016 gedacht; schließlich weiß man erst, wie gründlich zu sanieren ist, wenn man die Gebäude näher ansieht und mit der Sanierung beginnt. Die Baukostensteigerungen, die allgemeine wirtschaftliche Lage, die zahlreichen Krisen haben dem Baumarkt erheblich zugesetzt und die Kosten stark ansteigen lassen. Vor finanziellen Kürzungen sollten die zahlreichen Verordnungen für die Baumaßnahmen und die Standards auf den Prüfstand gestellt werden. Sicher nicht im Sinne des Schneller-Bauen-Gesetzes, das den falschen Ansatz hat. Und natürlich muss man  sich auch mit dem Denkmalschutz an den zahlreichen Altbauten, wie wir sie insbesondere in Steglitz-Zehlendorf haben, auseinandersetzen. Hier gilt es, moderne Konzepte zu entwickeln, die sowohl Altes erhalten, als auch Neues umsetzen. So könnte man  erheblich kostengünstiger bauen.

Die Howoge zeigt, wie Sanierung angegangen werden  sollte: Durch Partizipation und Kommunikation mit allen Beteiligten. Das Schadow-Gymnasium ist das Paradebeispiel im Bezirk und im Land, hier beginnt die Sanierung voraussichtlich im kommenden Jahr. Dass hier viel Geld verbaut wird, bildet die aktuelle Situation am Baumarkt ab und führt zudem zwei Schulen zusammen.

Auch an der Fichtenberg-Oberschule zeigt sich, wie Sanieren unter Berücksichtigung des neuen Schulbau-Konzeptes sehr gut gelingen kann. Hier an den Kosten zu sparen, würde eine Verschlechterung für die Schulgemeinschaft während der laufenden Baumaßnahmen und auch im Ergebnis bedeuten. Dass wir aber in der Verantwortung unserer Schülerinnen und Schüler stehen und somit  in die Zukunft investieren, steht außer Frage und an erster Stelle. Schauen wir gerne nach Hamburg, wo Sanierung und Neubau schon lange erheblich besser, schneller und kostengünstiger läuft, obwohl der Platz pro Kind ähnlich groß bemessen wird. Vielleicht hilft auch ein Blick auf die komplizierte Struktur der BSO; eine Evaluation dieses Konstruktes wäre angebracht. Schulbauten sind für Berlin ein Zukunftsthema: Es darf nicht en passant am Rand liegen gelassen werden. 

Ulrike Kipf, Co-Vorsitzende und Schulpolitische Sprecherin der BVV-Fraktion 

geschrieben am 2. August 2024 von Ulrike Kipf