Schwarze Tage für Berlin – Unter diesem Senat ist Krise die neue Norm
Von Tonka Wojahn
Mitglied des Abgeordnetenhauses
Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Seit über einem Jahr bestimmt die schwarz-rote Koalition in Berlin die Geschicke der Stadt und hat mit ihrem Koalitionsvertrag unter dem Motto “Das Beste für Berlin” anfänglich viele Hoffnungen geweckt. Die Bevölkerung erwartete die schnelle Umsetzung zentraler Versprechen wie die Zwei-Wochen-Frist für Termine in Bürgerämtern, einer Digitalisierung der Bürgerämter, Glasfaser für jede Wohnung, zügige Schulsanierung und Verbesserung der Verkehrssituation in Berlin. Die Kampagne “Gemacht für Berlin” nach 100 Tagen im Amt war eine Inszenierung von Handlungsfähigkeit, die an der Realität vorbei war. Und selbst nach mehr als einem Jahr wissen die Berliner*innen noch immer nicht, was genau dieser Senat denn nun in der Zeit gemacht hat.
Im Gegenteil: Für eine Regierung, ob im Land oder im Bund, gibt es kaum wichtigere Aufgaben als die Aufstellung des Haushalts, also des Plans, wie und wofür der Senat die Steuereinnahmen Berlins verwenden will. Bereits seit seiner Aufstellung ist dieser Haushalt von Chaos gekennzeichnet: Weil sich Schwarz-Rot nicht über ihre Prestigeprojekte einigen konnte, wurden die gesamten Finanzreserven des Landes Berlin in Höhe von 4,5 Milliarden aufgelöst. Gleichzeitig macht die Koalition milliardenschwere Sparvorgaben in Form von sogenannten Pauschalen Minderausgaben – das sind Kürzungen zunächst ohne zu sagen, wo genau gespart werden soll. Konkret würde das dann aber besonders die freien Träger, die Zuwendungsempfänger*innen, die sozialen und kulturellen Projekte und Einrichtungen, die unsere Stadt zusammenhalten, treffen, weil diese Ausgaben gesetzlich nicht festgelegt sind. Und es träfe die Bezirke. Nach großem Unmut in der Stadt wurde zurückgerudert. Die Unsicherheit, wie die Sparvorgaben dennoch bewältigt werden können, blieb.
Die versprochene Hauptstadtzulage für freie Träger, unbedingt nötiges Geld, das zum Beispiel Erzieher*innen in den Kitas Berlin zu gute kommt, wurde mittlerweile wieder kassiert – stattdessen schreiten die alte – und offenbar auch die designierte neue – Verkehrssenatoruin schlafwandlerisch zu einer Magnetschwebebahn für Berlin. Kostenpunkt: mehr als 40 Millionen Euro, die jetzt für wirklich wichtige infrastrukturelle Projekte, wie die Sanierung maroder Brücken, fehlen.
Auch bei nichfinanziellen Initiativen, wie etwa für eine Antisemitismusklausel, scheitert der Senat. Ein entschlossenes Vorgehen gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen von Hass und Intoleranz wird durch die Unfähigkeit des CDU-Kultursenators blockiert, einen rechtlich fundierten und umsetzbaren Vorschlag zu erarbeiten.
An manchen Stellen wird das Handeln des Senats sowohl gefährlich als auch verschwenderisch, insbesondere im Bereich der Verkehrssicherheit, wo Millionen an Fördermitteln verloren gegangen sind. Diese Einnahmeverluste sind das direkte Ergebnis der Entscheidung, bereits geplante Radwege zu stoppen. Die inzwischen zurückgetretene Verkehrssenatorin Manja Schreiner, oft als “Stopp-Senatorin” bezeichnet, hatte es nicht nur versäumt, wie versprochen mehr Radwege als ihre Grüne Vorgängerin Bettina Jarasch zu schaffen, sondern hat bestehende Pläne für den Ausbau der Radinfrastruktur rückgängig gemacht. Unter der CDU werden Radfahrer*innen und Fußgänger*innen systematisch benachteiligt. Hauptargument für diese Politik: der Radverkehr störe den PKW- und LKW-Verkehr.Diese Haltung untergräbt nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie das Mobilitätsgesetz und die Vorschriften zur Radverkehrsförderung, sondern stellt auch eine direkte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar. Radwege dienen dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Bürger*innen, indem sie eine sichere Distanz zwischen schnellem Autoverkehr und Radfahrern schaffen. Das alles zeigt eine verfehlte Verkehrspolitik, die nicht nur die ökologischen, sondern auch die sozialen und gesundheitlichen Ziele der Stadt ignoriert.
Wir Grüne nehmen die gesamte Stadtbevölkerung in den Blick. Wir wollen eine umfassende Verkehrswende, die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmende bringt, öffentlichen Nahverkehr und Radverkehr attraktiv macht. Gleichzeitig ist es unser Ziel, den Alltag für Fußgängerinnen und Fußgänger zu verbessern und denjenigen, die auf das Auto angewiesen sind, effizientere Wege zu ermöglichen. Darüber hinaus streben wir nach einer gerechten Stadtentwicklung, die nicht nur in Infrastruktur investiert, sondern auch soziale und kulturelle Projekte fördert, um allen Berlinerinnen und Berlinern ein lebenswertes Umfeld zu bieten.
Wir setzen uns dafür ein, die Investitionen der Stadt in Bildung und sozialen Wohnungsbau zu erhöhen, um sicherzustellen, dass jede Berlinerin und jeder Berliner Zugang zu qualitativer Bildung und bezahlbarem Wohnraum hat. Und ja, für uns fängt gute Bildung damit an, dass wir marode Schulen sanieren und den Lehrerberuf attraktiver machen! Unser Ziel ist eine transparente und gerechte Haushaltsführung, welche die Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt, ohne dabei ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit aus den Augen zu verlieren.
Als Grüne Opposition kämpfen wir dafür, diese Missstände nicht nur aufzudecken, sondern aktiv für Veränderungen einzustehen, die Berlin wirklich zu dem machen, was es sein sollte: eine Stadt für alle, die für soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung steht. Wir fordern eine Politik, die Visionen nicht nur in schönen Worten verpackt, sondern die Herausforderungen mit Vernunft anpackt und diese in konkretes Handeln übersetzt. Für die Menschen in Berlin.